071 Die magische Kraft wohlformulierter Ziele im Coaching

071 Die magische Kraft wohlformulierter Ziele im Coaching

„Wer vom Ziel nicht weiß, kann den Weg nicht haben,

wird im selben Kreis all sein Leben traben;

kommt am Ende hin, wo er hergerückt,

hat der Menge Sinn nur noch mehr zerstückt.“

Gedicht von Christian Morgenstern (1871-1914)

Du erfährst in der heutigen Folge mehr über

  • Die Magie der „Nicht“- Ziele
  • Die Kraft des Unterbewussten beim Umgang mit Zielen
  • Die Smart-Formel und wie du sie praktisch anwendest im Coaching

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Shownotes zu Folge 071

Das ganze Gedicht von Christian Morgenstern Ziele.

Zum Beitrag Skalierungen im Coaching – eine enorme Hilfe, in dem Ziele skalieren näher erläutert wird.

Die letzte Folge über unterschiedliche Ziele im Coaching.

Hier findest du die nächsten Kurse.

Skript: Die magische Kraft wohlformulierter Ziele im Coaching

Die Magie der Nicht-Ziele

Sicher kennst du in einer Abwandlung schon die Geschichte vom Taxifahrer. Ich finde sie so anschaulich, dass ich sie hier gerne wiederhole:

Stell dir vor, jemand kommt mit dem Flugzeug in Berlin Tegel an. Er steigt ins Taxi. Der Taxifahrer fragt, wohin es gehen soll. „Ach, bringen sie mich in eine Gegend, wo es nicht so laut und auch nicht langweilig ist.“ Was gibt der Taxifahrer wohl ins Navi ein? Genau, nichts. Er kann ja nicht. Die Information ist zu unspezifisch. Er braucht schon ein paar genauere Informationen vom Ziel, damit er den Kunden zufriedenstellen kann. Darum muss er einige Forschungs-Fragen stellen, um herauszufinden, was er in sein Navi eingeben soll. Wenn er das nicht tut, kann er den Kunden nicht bedienen. Oder er tut es und bringt einfach irgendwohin, wo er denkt es sei o.k. Ob das für den Kunden stimmig ist, ist eher zweifelhaft. Vielleicht wird er sauer und beschwert sich, dass er ihn an einen falschen Ort gebracht hat. Oder er steigt aus und ruft das nächste Taxi und landet wieder – tja, sonstwo? Bis er an den Taxifahrer gelangt, der die richtigen Fragen zu stellen weiß.

Tja und im Coaching stehen wir sehr oft vor dem gleichen Problem wie der Taxifahrer.

Eine Klientin kommt und sagt als Coaching-Ziel: Sie wünscht sich weniger Druck und Stress. Kein Mobbing mehr und keine Streitereien mit der pubertären Tochter.

Uff. Alles klar?

Wohin begleitest du die Klientin jetzt? Wie stellst du dein inneres Coaching Navi ein?

Wo wird sie landen, wie lange wird es dauern und wie zufrieden wirst du – und sie – mit dem Ergebnis der ersten Stunde sein, wenn du jetzt drauf los coachst?

Naja, ich glaube ja nicht, dass du der Typ dazu bist.

Dennoch erlebe ich es oft in Fortbildungen, sei es im EMDR, sei es im lösungsfokussierten Kurzzeit Coaching, dass Begleiter sich zu schnell mit unscharfen Zielen oder gar mit „Nicht“-Zielen zufrieden geben.

An der Stelle hilft die Frage, die auch der Taxifahrer stellen könnte:

Wo wollen sie stattdessen hin? Statt irgendwohin, wo es nicht so laut oder langweilig ist?

Und der Coach: Was soll anders sein? Was wünschst du dir statt Druck und Stress, Mobbing und Streitereien?

Klassischer Weise kommt dann eine ebenfalls noch relativ allgemein gehaltene Antwort:

Im Falle des Taxifahrers: Na, ich möchte in eine ruhige Straße, wo ich trotzdem nahe an  Sehenswürdigkeiten bin.

Im Falle des Coachings: Ich wünsche mir einfach mehr Leichtigkeit und Gelassenheit.

Also wir sind schon einen Schritt weiter. Jedoch der Taxifahrer hat noch unendlich viele Möglichkeiten und weiß noch nicht genau genug Bescheid.

Auch der Coach kann mit mehr Leichtigkeit und Gelassenheit zwar schon mal eine Richtung sehen, jedoch noch nicht präzise, wie er helfen kann.

An dieser Stelle mache ich einen kleinen Exkurs:

Der Taxifahrer und das Unterbewusstsein

Unser Unterbewusstsein verhält sich nämlich wie der Taxifahrer oder ein Navi. Es braucht genaue Instruktionen, um den Klienten an den richtigen Ort zu bringen.

Ich bin immer wieder fasziniert, wie genial das Unterbewusstsein mitarbeitet, wenn das Ziel erst einmal wohl formuliert ist.

Wenn z. B. zu Beginn einer Coaching Stunde als Ziel definiert wurde: Klarheit, wie ich besser ins Gespräch mit der pubertierenden Tochter kommen kann. Dann konnte am Ende der Stunde tatsächlich ein konkreter nächster Schritt stehen wie z. B. die Tochter zu einem Gespräch einladen. Mit entspannten Rahmen in gemütlicher Atmosphäre. Die Klientin hat in der Stunde mit den 5 Schritten der wertschätzenden Kommunikation das Gespräch vorbereitet und die einzelnen Schritte zum Vertiefen mitgenommen.

Das ist doch nochmal etwas anderes als einfach nur Leichtigkeit und Gelassenheit? Klar wird sie gelassener ins Gespräch gehen und sich leichter dabei fühlen, weil sie sich gut vorbereitet hat. Wäre der Coach ohne das genau Ziel jedoch auf so eine konkrete Art der Unterstützung gekommen für die Stunde?

Darum brauchst du ein konkretes, smartes Ziel!

Die SMART Formel

Kennst du sie?

„Äh, hab ich schon mal gehört. Aber kannst du nochmal genau sagen, was es ist?“ So ähnlich ist dann öfter die Bitte in einer Fortbildung. Und klar. Auch ich habe im Rahmen von Fortbildungen von der SMART Formel gehört. In der Praxis geriet sie allerdings zunächst in den Hintergrund.

Bis ich den lösungsfokussierten Ansatz anzuwenden begann.

Ein Smartes Ziel hat folgende Kriterien, die du aus den Anfangsbuchstaben ableiten kannst:

S spezifisch

M messbar

A attraktiv, anziehend

R realistisch

T terminiert

Dazu die Info-Grafik für dich über die magische Kraft wohlformulierter Ziele im Coaching mit der SMART-Formel:

Grafik Smart Formel für wohlformulierte Ziele im Coaching by Kathrin Stamm mit Grafik Elementen von canva.com

Was spezifisch ist, konntest du im letzten Abschnitt sehen. Statt „nicht mehr dies oder das“ oder allgemeine ungenaue Ziele wie „mehr Leichtigkeit“ ganz spezifisch: Klarheit, wie ich besser in das Gespräch mit meiner Tochter kommen kann.

Messbar wird das Ergebnis erst, wenn du fragst, woran KlientIn erkennt, dass sie ihr Ziel erreicht hat. Wenn dann ebenfalls konkrete, beobachtbare Fakten beschrieben werden. Z. B.: Ich fühle mich zuversichtlich, dass das Gespräch stattfindet und dass wir ein gutes Gespräch hinbekommen. Sie nimmt vielleicht sogar überrascht meine Einladung zum Gespräch an und nickt, dass wir ein bisschen Zeit und Ruhe dafür brauchen. Und dann natürlich, dass das Gespräch stattgefunden hat und ein bisschen mehr Verständnis da ist auf beiden Seiten.

Attraktiv, Anziehend ist es nur, wenn es wirklich ein aktuelles Problem löst, einen Leidensdruck mindert. Mit Entspannungsübungen anfangen zu wollen, wäre vielleicht weniger attraktiv. Achte darauf und überprüfe, dass das Coaching Ziel attraktiv für die Klientin ist und nicht nur ein Vorschlag ist, den du für richtig hältst. Der kann auch wunderbar sein, jedoch vielleicht erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Realistisch ist im besprochenen Fall, ein Gespräch anzuvisieren und den Rahmen so zu gestalten, dass es gelingen kann. Zu erwarten, dass alle Probleme damit auf einen Schlag gelöst wären, wäre unrealistisch. Erstes realistisches Ziel ist, Verbindung überhaupt wieder zu ermöglichen. Um darauf aufzubauen. Um herauszufinden, wie realistisch ein solches Ziel ist, gibt es Fragen und Skalierungen, die nochmal eine Feinjustierung ermöglichen. Manchmal wird der erste Schritt dann doch nochmal eine Nummer kleiner, damit er machbar wird. In der Praxis sehe ich, dass ein kleinerer Schritt mehr ermutigt, als ein zu großer.

Terminiert ist ein Ziel, wenn ein Zeitpunkt festgelegt wird, bis zu dem es erreicht sein sollte. Beispielsweise das Gespräch mit der Tochter in den nächsten 10 Tagen zu führen. Auch hier kannst du durch Nachfragen und Einbeziehen von Eventualitäten dafür sorgen, dass der Zeitpunkt ebenfalls realistisch ist.

Du merkst schon, dass es viel Erfahrung in Fragetechniken, Arbeit mit Skalierungen und Überprüfung der Zuversicht benötigt, um KlientIn nachhaltig zu begleiten.

Und du bemerkst vielleicht, dass dieses Vorgehen all die wunderbaren Methoden ergänzt, mit denen Glaubenssätze gelöscht oder Blockaden aufgelöst werden. Der Lösungsfokus ist eine geniale Ergänzung, mit denen du dein Coaching erweitern und nachhaltiger gestalten kannst.

Wenn du das vertiefen, üben oder auch neu lernen möchtest, bist du herzlich eingeladen zum nächsten Online-Workshop „Wie du eine lösungsfokussierte Coaching-Stunde gibst“ genau richtig. Live mit mir am 17.11. Mehr Info auf  https://heartify.life/online-tagesworkshop-loesungsfokussiert/

Zusammenfassung – Magie wohlformulierter Ziele im Coaching:

Du hast heute über die Magie der „Nicht“- Ziele nachgedacht. Dass sie weder dich noch deine Klientin symbolisch gesprochen an den konkret gewünschten Ort bringen. Beispiel Taxifahrer.

Schwammige, allgemeine Ziele wie z. B. „mehr Leichtigkeit“ halten KlientIn ebenfalls vom Wunschziel in weiter Ferne. Weil das Unbewusste sich ebenso verhält wie ein Taxisfahrer oder Navi. Es braucht konkrete Anweisungen, damit es mitarbeiten kann.

Stattdessen lohnt es sich, ein Ziel nach der SMART-Formel zu erarbeiten. So spezifisch wie möglich, messbar, anziehend für KlientIn, realistisch und terminiert. Um das zu erreichen kannst du als Begleiter eine Reihe von Fragen, Skalierungen und Skalierungsfragen nutzen.

Ich schließe mit einem weiteren Ausschnitt aus dem Gedicht von Christian Morgenstern:

„Denn zu fragen ist

    nach den stillen Dingen,

    und zu wagen ist,

    will man Licht erringen.“

Stelle Fragen, die das Unterbewusste deiner Klienten mit einbezieht (die stillen Dinge).

Wage es, um deine Klienten zu unterstützen, ihren ganz persönlichen Weg wieder klar und deutlich zu sehen (Licht erringen) und dann auch zu gehen!

Die Kraft wohlformulierter Ziele in dein Coaching einzubeziehen lege ich dir wärmstens ans Herz. Für dich und deine Klienten.

Mach es dir leichter Anderen zu helfen!

Kathrin (Stamm)

 

About the Author

Mach es DIR leichter anderen zu helfen! Mit diesem Motto hat Kathrin Stamm viele hilfreiche Tipps und Tricks auf Lager, wie du als Coach und Berater mehr Leichtigkeit in dein Leben und das deiner Klienten bringst. Hol dir die Praxistipps direkt aufs Ohr mit ihrem Podcast https://heartify.life/podcast-coachingoase

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