Coaching Troubles und wie du sie vermeidest
Wenn ich dir von Coaching Troubles erzähle, denke ich an die Learnings aus meiner Berater-Ausbildung.
Du erfährst aus meiner Zeit in der Ausbildung zum Psychologischen Berater wie man es schafft, dass
- Klienten mit einem Problem kommen und mit einem Strauß von Problemen nach Hause gehen
- die Sitzungen zäh wie Kaugummi werden
- Begleiter und Klienten sich immer hilfloser und frustrierter fühlen
Und wie man Klienten richtig in den Widerstand bringt.
Allerdings verrate ich dir auch, wie du es vermeiden kannst überhaupt in solchen Sackgassen zu landen.
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Shownotes zu Folge 065
Vertiefe das Thema Ressourcen im Coaching hier: 058 Warum Ressourcenarbeit das A und O im Coaching ist
Hier lang zu den nächsten Fortbildungen.
Skript: Coaching Troubles und wie du sie vermeidest
Vor zehn Jahren saß ich in der Ausbildung zur Psychologischen Beraterin. Berufsbegleitend zwei Abende pro Woche plus gelegentliche Supervisionstage. Es ging dabei in erster Linie informativ quer durch das umfangreiche Gebiet der Psychologie sowie Psychiatrie inklusive Diagnostik. Kommunikationstheorien, systemische Ansätze etc. wurden theoretisch vorgestellt. An den Supervisionstagen konnten wir je nach anwesenden Dozenten/Therapeuten schnupperweise verschiedene praktische Techniken erproben. Von lösungsfokussiert über gestalttherapeutisch bis hin zu verhaltenstherapeutischen Ansätzen. Für die eigene Praxis musste man sich dann unabhängig davon spezialisieren und weitere Fortbildungen machen.
In dieser Zeit war ich selbst noch nicht so praxiserfahren und bekam an den Praxistagen Einblick in sehr unterschiedliche Vorgehensweisen von Kollegen. Davon will ich ein paar Erinnerungen teilen. Was mir im Gedächtnis blieb und mich geprägt hat.
Ein besonders beliebtes Hobby unter den Lernenden und Übenden schien die möglichst exakte Problemanalyse zu sein. Und zwar bis in möglichst viele Details. Darauf stürzten sich manche Kolleginnen regelrecht. Die angehenden BeraterInnen fragten
- nach möglichen Ursachen,
- wo eine ähnliche Thematik noch aufgetaucht sei,
- wann in der Kindheit,
- wie es mit Vater und Mutter gewesen sei.
usw.
In der Hoffnung, den Knackpunkt zu finden, fragte die Beraterin weiter: wie man sich die Details der Situation denn vorstellen könnte, wie es nun genau war. Dann wiederholte die Beraterin nochmal: Hab ich dich richtig verstanden? Es folgte eine Übersetzung der Aussagen der Klientin in ihre eigenen Worte, also ihre eigene innere Landkarte im Kopf. Mit anderen Worten und dem ihr eigenen Verständnis, das ja grundsätzlich die innere Situation der Klientin nicht wirklich genau erfassen konnte. Die Klientin war völlig beschäftigt damit, richtig zu stellen, wie es nun eigentlich gemeint war. Die Kollegin hatte immer noch nicht verstanden. Irgendwann wurde die Klientin regelrecht aufmüpfig und bockig. Nein, es sei doch so und so. So kam man vom Hölzchen auf Stöckchen und es entstand ein regelrechter Problemstrudel mit Diskussionen über die verschiedenen Probleme und ihre möglichen Zusammenhänge. Am Ende wusste die angehende Beraterin gar nicht mehr, wo sie ansetzen sollte – so ein riesiger Problemstrauß hatte sich vor ihrer Nase entfaltet.
Jedoch dann war es noch nicht fertig. Schließlich sind Berater dazu da, zu beraten. Also folgten nach Beurteilung des umfassenden Problemkomplexes die Ratschläge. Hast du dieses schon probiert oder jenes? Hast du schon Mal darüber nachgedacht, dass es so und so sein könnte? Dann müsstest du einfach… Usw. usf. Die Klientin wurde immer „bockiger“. Ja, einiges habe sie schon probiert. Erfolglos, sonst säße sie ja nicht hier. Sie fühlte sich sichtlich unwohler, denn jetzt wurde ihr klar: sie hat nicht nur ein Riesenproblem. Sie war auch zu blöd für Lösungen. Das denkt „es“ jedenfalls oft in Klienten im Hintergrund bei offenen oder versteckten Ratschlägen. Die Dinge, die die Beraterin vorschlug schienen ja bei anderen zu funktionieren, nur bei ihr nicht. Hm. Mir fiel dazu der Spruch ein: Ratschläge sind auch Schläge. Die Klientin wirkte allmählich immer mehr wie ein geprügelter Hund. Übrigens als Beobachterin litt ich mit. In mir wand sich etwas wie eine Schlange. Absolutes Unwohlsein, Unruhe bis hin zu Ärger. Ich fand es zum Haare-raufen.
Wie anders dagegen war es in den Supervisionsstunden mit meiner Lieblingsdozentin. Sie hatte eine ganz andere Grundhaltung. Einer ihrer Sätze:
„Der Klient ist Experte seines Lebens. Bleib immer einen Schritt hinter ihm statt vorauszueilen mit deinen Diagnosen und Ideen.“
Diese Haltung war ihr so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie gar nicht anders konnte. Erst Mal ein Ziel definieren. Und nicht irgendeines, sondern eines, das smart ist.
Also
- spezifisch,
- messbar,
- attraktiv,
- realistisch
- und terminiert.
Also auch passgenau für die Klientin. Halleluja, war das erst einmal eine Knochenarbeit! Es sollte ja ganz konkret sein, vorstellbar und in einer bestimmten Zeit erreichbar.
In diesem Stil ging es weiter. Immer wieder, wenn die Klientin sich erneut auf‘s Problem einschwingen wollte, kamen freundliche und bestimmte Stopp-Signale. Oder das zuletzt Gesagte wurde wertschätzend genutzt, um wieder eine hilfreiche neue Sicht daraus zu entwickeln. Zum Beispiel „Wow, ich sehe, du hast eine Menge versucht. D.h. die Angelegenheit muss dir wirklich wichtig sein! Du bist ja hartnäckig drangeblieben und hast nicht aufgegeben, immer wieder etwas Neues auszuprobieren.“ Mein Herz ging auf. Ja, so gefällt mir der Umgang mit scheinbarem Misserfolg und Problemen viel besser.
Eine Angelegenheit gescheiterter Lösungsversuche kann aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden:
1. Oh je, du bist immer wieder gescheitert. Das ist ja schlimm. Woran lag das?
Oder
2. Wow, du hast dich nicht unterkriegen gelassen, bist immer wieder aufgestanden und hast einen neuen Versuch gemacht. Und jetzt sitzt du hier, weil dir die Sache wirklich wichtig ist.
YES. Nicht nur die Klientin bekam ein verwundertes Gesicht, das sich aufhellte. Auch ich atmete auf und fühlte mich gleich wohler. Die Klientin gewann übrigens in der Session schnell Klarheit und entwickelte einen für sie stimmigen nächsten Schritt in Richtung Ziel.
Das wollte ich lernen. Das lag ganz auf meiner Wellenlänge. Daher habe ich bei dieser Dozentin mehrere Fortbildungen gemacht. Endlich hatte ich eine Perspektive für die Art Beratung, die meinen eigenen Wertehaltung entspricht: achtsam, wertschätzend, optimistisch und effizient.
Im Laufe der Jahre kamen noch viele weitere wertvolle Tools in meinen Koffer. Es handelte sich um „Werkzeug“, das Klienten unterstützt Kraftquellen (wieder) zu entdecken, Fähigkeiten und Stärken weiter zu entwickeln und für aktuelle Herausforderungen zu nutzen.
Es hilft jedoch nichts, diese Tools im Koffer zu haben. Da können sie ruhen bis zum Sankt Nimmerleinstag. Wenn ich sie nicht konsequent auspacke, pflege und anwende bleibt alles beim Alten.
Das „Alte“ heilßt:
- Das Coaching ist zäh wie Kaugummi.
- Die Sitzungen ziehen sich in die Länge.
- Da wird an Zielen gearbeitet, die unerreichbar sind oder so schwammig und allgemein, dass sie nicht messbar sind.
- Klienten drehen sich im Kreis und kommen kaum weiter.
- Sie geraten in einen Problemstrudel und ihnen und den Beratern gehen die Felle schwimmen.
- Womöglich gehen Klienten sogar in berechtigten Widerstand.
- Alle Beteiligten fühlen sich nicht ganz wohl in ihrer Haut.
Wie lässt sich das ändern?
Sicher nicht mit Methoden im Koffer. Sondern mit gelebter achtsam-wertschätzender Haltung, die vor allem Folgendes im Blick hat:
- Smarte Ziele der Klienten – nicht die eigenen.
- Vertrauen in die gesunde Selbstregulation von Klienten.
- Vertrauen in die eigene Intuition bei der Auswahl der richtigen Angebote zur Stärkung von Ressourcen und Lösungsblick.
- Zwei Experten begegnen sich: KlientIn als Experte seines/ihres Lebens und BegleiterIn als ExpertIn für hilfreiche Vorschläge zur Selbsthilfe.
Soweit die Theorie.
Die ist Vielen klar, wie ich in den Ausbildungen immer wieder erlebe.
Was dann doch oft eine riesige Herausforderung ist, ist die konsequente Praxis. Konsequent und nachhaltig, bis es in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Lerne die ressourcen- und lösungsfokussierte Haltung zu üben. Und genügend „Tools“ im Koffer zu haben, um in den unterschiedlichsten Situationen im Coaching kühlen Kopf zu bewahren und vertauensvoll kompetent stärkende BegleiterIn zu bleiben. Starte mit dem Online-Tagesworkshop, mehr Info hier.
Dann wünsche ich frohe Ostern und gutes Auftanken für ressourcenfokussiertes frisches Coaching.
Kathrin (Stamm)