062 Humming und EMDR – ein geniales Tool zum Erden

Humming und EMDR – ein geniales Tool zum „Erden“

Gerade kürzlich kam wieder eine Klientin von einem Kollegen. Sie hatte bei ihm eine Coaching Sitzung. Nach einigen Tagen wurde sie überraschend zu Hause von Gefühlen und Erinnerungen überwältigt, mit denen sie nicht zurechtkam. Sie hatte nichts an der Hand um damit umzugehen. Das muss und vor allem darf nicht passieren, oder?

Was tun, wenn bei deinen Coaching-Klienten Trauma-Erinnerungen, tiefe Ängste oder andere herausfordernde Themen aufpoppen? Das kann auch passieren, wenn sie z. B. mit einem Business- oder privaten Thema kommen, wo zunächst nichts auf Trauma hinweist.

Eine Möglichkeit, die du Klienten an die Hand geben kannst, stelle ich dir heute vor. Sie heißt Humming und kommt ausgerechnet aus dem Lachyoga…

Was erwartet dich in der Folge Humming und EMDR?

Wir sprechen darüber

  • Wie und wozu Dr. Kataria die Übung „Humming“ entwickelt hat.
  • Wofür sie im Lachyoga dient.
  • Wie sie auf Körper und Nervensystem wirkt
  • Wie und wofür sie im Coaching, speziell im EMDR Coaching nützlich ist.

Wenn du die Übung testen möchtest, findest du weiter unten ein Demo- und Mitmachvideo.

Am Ende hast du deinen Tool-Koffer um eine sehr wertvolle kleine Methode erweitert. Sie kann dir einerseits im Coaching wertvoller Begleiter sein und andererseits kannst du auch privat davon profitieren.

Hier geht’s zum Podcast-Audio Humming und EMDR – ein geniales Tool zum Erden

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Shownotes zu Folge 062

Zum Folge 060 Toleranzfenster im Coaching gelangst du hier.

Der erwähnte Link zum Canon D-Dur von Johann Pachelbel.

Mehr über EMDR Coaching findest du in der Kategorie EMDR Ausbildung

Hier findest du mehr über EMDR und wie du es lernen kannst für deine nachhaltige Coaching-Praxis.

Skript: Humming und EMDR

Mir liegt am Herzen, dass du deinen Klienten eine gute Unterstützung bist bei der Orientierung im Hier und Jetzt. Damit ihr euch auf angenehme, hilfreiche Erfahrungen konzentrieren könnt. Und eine Atmosphäre schaffen kannst, indem Coaching mit Leichtigkeit gelingt. Weil Gehirn und Nervensystem in einem guten Arbeitsmodus sind und nicht im Stress. Siehe Folge 060 – das Toleranzfenster im Coaching.

Ich habe dazu eine ganze Palette Hilfreiches an der Hand, wofür ich sehr dankbar bin. In Fortbildungen gebe ich das Wissen und die Erfahrung in der Tiefe weiter.

Heute stelle ich dir die Übung Humming aus dem Lachyoga vor. Ja, lach nur. Was hat Lachyoga mit EMDR gemeinsam? Manchmal brauchen Klienten Unterstützung beim Erden. Denn auch Lachen kann überwältigen… Das habe ich alles schon erlebt.

Was ist Humming?

Ich lernte Humming vor etlichen Jahren in der Ausbildung zur Lachyoga-Lehrerin kennen bei dem indischen Arzt und Begründer des Lachyoga Dr. Madan Kataria. Er erklärte damals, es sei eine von ihm entwickelte Variation des OM-Singens aus der Yogatradition. OM ist ein universelles Mantra aus dem Yoga. Dr. Kataria wollte, dass Lachyoga frei ist von religiösen Inhalten und so ersetzte er das Mantra OM durch die Silbe Hum und nannte die Technik Humming. Also Summen oder Brummen. Das Mantra OM setzt sich aus A, U und M zusammen, also genau: AUM. Beim Hum, sprich „Hamm“ kannst du auch das U einfügen. Dann hast du nach dem fast stimmlosen H fast das klassische AUM. Du wirst in der Praxis bemerken, dass es voller und schöner tönt und vibriert, wenn du das U mit hineinnimmst.

Wenn ich humme, habe ich den Eindruck dass vom Kehlkopf nach oben und über Brust und Bauch nach unten hin der ganze Körper in eine angenehme und entspannende Vibration versetzt wird.

Beim Lachtraining oder Lachyoga nutzen wir das Humming zum Erden oder Entspannen nach besonders intensiven Lachübungen. Also sowohl, wenn die Gruppe nach viel Lachen ziemlich „aufgedreht“ ist als auch, wenn jemand durch Lachen in die gegenteilige Stimmung rutscht, also z. B. Traurigkeit aufsteigt. Auch das kann nämlich passieren. In beiden Fällen unterstützt Humming die Orientierung im Hier und Jetzt und beruhigt das Nervensystem.

Manchmal hummen wir auch im Kreis. Das ist besonders schön, weil sich durch das gleichzeitige Tönen auf die Silbe Hum ein Klangteppich bildet und die Vibrationen aller sich angenehm mischen. Das entsteht, weil jeder an einer anderen Stelle ausatmet und wieder einatmet, so dass es sich wie ein einziger endlos langer Ton anhört.

Dr. Kataria erzählte, 10 Minuten Hummen senke den Blutdruck. Das kann man selbst testen und nachmessen, sofern man ein Blutdruckmessgerät hat. Beim Lachyoga war es auch beliebt als Übung vor dem Einschlafen, weil es beruhigende Wirkung hat, Nervosität nimmt und man danach leichter und angenehmer schlafen kann.

Humming – Übung zum Mitmachen

Mach die Übung einfach gleich mit.

Achtung:

Sie ersetzt weder Arzt oder Psychiater noch eineTherapie.

Stelle sicher, dass du gerade Raum und Zeit hast. Das bedeutet, dass du beim Autofahren oder irgendeiner Tätigkeit, die deine Aufmerksamkeit erfordert, die Übung nicht machen darfst.

Da du ja hier die Einleitenden Worte bereits gelesen hast, kannst du auch gerne direkt zu Minute 5:57 steppen, zur praktischen Anleitung und zum Mitmachen:

Welche Veränderungen hast du mit der Übung erlebt?

Die Wirkung von Humming

Humming wirkt über mehrere Mechanismen.

1. Humming verlängert die Ausatmung.

Langsameres Ausatmen wirkt beruhigend auf unser Nervensystem und unseren Herzschlag. Bei jedem Atemzug beschleunigt sich unser Herzschlag leicht beim Einatmen und verlangsamt sich etwas beim Ausatmen. Diese flexible Reaktion des Herzschlags auf die Atmung wird Herzratenvariabilität, kurz HRV genannt.

Je größer die Flexibilität des Herzens, also die HRV ist, desto widerstandsfähiger sind wir. Desto besser können wir mit Stress umgehen.

Wenn beim Ausatmen die Herzrate, der Herzschlag sich etwas verlangsamt, steigert sich die Wirkung des parasympathischen Nervensystems. Gleichzeitig wird die Aktivität des sympatischen Nervensystems, die z. B. in der Stressreaktion hoch ist, stärker gebremst.

2.  Wirkfaktor sind die Vibrationen.

Beim Humming entstehen Vibrationen im Kehlkopf, die sich über den Kiefer und die Knochen im Kopfbereich sowie über die Faszien im ganzen Körper ausbreiten.

Die tiefen Frequenzen und Vibrationen des brummenden, summenden Hummings stimulieren den Vagusnerv, der direkt hinter dem Kehlkopf nach unten verläuft. Man spricht vom Vagusnerv auch als „Vagusbremse“. D.h. er bremst den Pulsschlag und beruhigt Herz und Nerven.

3. Wiederholung und wenig Modulation

Die gleichmäßige Wiederholung, kurze Pausen, lange Töne und wenig Modulation fördern eine zutiefst entspannende Wirkung.

Das kannst du auch in der Musik erfahren. Nimm den Canon in D-Dur von Johann Pachelbel. Ich bin mir sicher, du kennst ihn. Falls du gerade nicht weißt, welches Stück ich meine, verlinke ich dir oben in den Shownotes eine wunderschöne Interpretation.  Nur nebenbei bemerkt Pachelbel ist aus meiner Geburtstadt Nürnberg, lebte dort allerdings schon im 17. Jahrhundert. Bei diesem Stück besteht die Basso Continuo – Linie aus regelmäßigen langen sich wiederholenden Tönen. Zudem ist der Rhythmus mit ca. 56 Schlägen zusätzlich beruhigend. Unser eigener Ruhepuls liegt zwischen 60 und 80. So fördert der etwas langsamere Rhythmus die beruhigende Wirkung.

Dass klassische Musik ebenfalls eine große Ressource für Erden und wieder ins Gleichgewicht bringen sein kann, sei an dieser Stelle ergänzt. Für diejenigen, die Zugang dazu haben.

Die gleichmäßige eher monotone Wiederholung tiefer Klänge kennst du sonst vielleicht von gregorianischen Gesängen aus dem Mittelalter.

Oder von Meditationsmusik, die Entspannung unterstützt. Sie nutzt ebenfalls gleichmäßige und eher monotone Wiederholung von Klängen als Basslinie, einen eher langsamen Rhythmus und wenig Melodie darüber, die sich dann ebenfalls wiederholt.

Humming und EMDR

Falls du neu bist im Podcast und du noch nicht weißt, was EMDR ist: EMDR bedeutet Eye Movement Desensitization and Reprocessing. Dabei geht es um die geniale Auflösung von Belastungen durch ein effizientes System, das u.a. die Stimulation beider Hirnhälften einbezieht. Mehr dazu.

Beim EMDR Coaching fragen wir ja bereits zu Beginn nach allem, was KlientIn nutzt in Phasen von Stress und Herausforderung, um sich wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ganz egal mit welchem Thema die Person kommt. Mir sind diese Hintergrundinformationen sehr wichtig. Da erlebe ich bereits manche Überraschung. Manche Klienten sprudeln mit all den Möglichkeiten, die sie im Alltag nutzen. Bei anderen findet sich nur wenig oder gar nichts, um sich wieder ins Gleichgewicht bringen zu können.

Das ist dann bereits ein erster Punkt, an dem ich einhake. Denn ich weiß nie, was möglicherweise durch ein Coaching getriggert wird. Mir ist wichtig, dass KlientIn auf jeden Fall eine kleine Auswahl funktionierender Möglichkeiten an der Hand hat. Nicht nur Klienten, die offensichtlich mit einem Trauma-Thema kommen, sondern jeder.

Es gibt verschiedene Situationen, in denen KlientIn sich selbst wieder ins Lot bringen können sollte:

  1. In der Praxis, wenn ein überwältigendes Thema angetriggert wird
  2. Zu Hause. Verarbeitung eines Themas beginnt und endet nicht ausschließlich in der Praxis bei mir. Es arbeitet im Klienten weiter. D.h. auch zu Hause können später, auch noch nach Tagen, Erinnerungen auftauchen, die vorher vergraben waren. Und die können manchmal ordentlich zu schaffen machen. Wie bei der eingangs erwähnten Klientin, bei der nach Tagen noch Traurigkeit und belastende Gedanken auftauchten, auf die sie nicht vorbereitet war.
  3. In der Zukunft. Das betrifft besonders Angst-Themen. Vor einer bestimmten Situation wie z. B. einer zu haltenden Rede oder vor einem Gespräch mit einem schwierigen Vorgesetzten. Auch da ist es gut „Plan B“ zu haben. D.h. auch wenn das Thema bearbeitet und gut vorbereitet ist, hilft das Wissen: Man kann mit Tönen oder Hummen dem Körper noch eine kleine parasympatische Verstärkung geben.

Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, sich schnell zu entspannen und den Körper zu beeinflussen. Progressive Muskelentspannung und Autogenes Training sind erprobte Klassiker auf dem Gebiet. Manche Klienten finden dazu jedoch  nicht den rechten Zugang. Ich hatte solche Klienten jedenfalls schon. Sie fanden dann das Humming o.ä. für sich eine einfache und angenehme Alternative.

Das Humming hat den Vorteil, dass du es auch im Akutfall direkt mit den Klienten zusammen machen kannst. Dann beruhigt ihr euch beide. Das ist ja nicht verkehrt in der Begleitung auch ein bisschen ruhiger und entspannter zu sein.

Wenn du mit mir Hummen möchtest, klick oben auf das Video und mach mit.

Kurze Zusammenfassung zu Humming und EMDR

Im Rahmen von Coaching und von EMDR Coaching insbesondere tauchen immer wieder Gelegenheiten auf, bei denen du Klienten unterstützen kannst in der Selbstberuhigung oder Verankerung im Hier und Jetzt.

Humming als „Stressbremse“ lässt sich wunderbar in dein Coaching integrieren. Nebenbei kannst du selbst davon profitieren. Wenn du es regelmäßig ein paar Minuten einsetzt, indem du auf die Silbe Hum vibrierend tönst, kannst du die Wirkung selbst erleben. Ausprobieren lohnt sich! Und humme gerne mit mir s.o.

Weitere Tipps aus dem EMDR Coaching und wie du entspannt und sicher EMDR lernen kannst erfährst du übrigens  auf dieser Seite.

Wenn du bereits Erfahrung mit Humming hast, bin ich neugierig darauf! Teile sie gerne unten im Kommentarfeld.

Entspannte Grüße

Kathrin (Stamm)

 

About the Author

Mach es DIR leichter anderen zu helfen! Mit diesem Motto hat Kathrin Stamm viele hilfreiche Tipps und Tricks auf Lager, wie du als Coach und Berater mehr Leichtigkeit in dein Leben und das deiner Klienten bringst. Hol dir die Praxistipps direkt aufs Ohr mit ihrem Podcast https://heartify.life/podcast-coachingoase

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