Wingwave und EMDR – Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Folge 51 im Podcast Coaching Oase Heartify.
Eine häufige Frage in meinen EMDR Webinaren und Ausbildungen ist: Wingwave und EMDR – gibt’s einen Unterschied oder ist es das Gleiche?
Gerne antworte ich hier so gut ich es vermag. Fachleute, die weitere Erkenntnisse zum Thema beitragen können, sind herzlich eingeladen zu kommentieren und ihre Erfahrungen zu teilen.
Mir ist dabei wichtig, dass es nicht um ein generelles Entweder-Oder geht. Nicht um Besser oder Schlechter. Und auch nicht um richtig oder falsch.
Sondern ich möchte die Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede von Wingwave und EMDR deutlich machen. Dann mag jeder selbst entscheiden, was ihm oder ihr persönlich mehr liegt. Übrigens kenne ich etliche Kollegen, die beide Ausbildungen gemacht haben. Das Eine schließt also das Andere nicht aus.
Was erwartet dich in: Wingwave und EMDR?
Heute beschäftigen wir uns mit
- Entstehungsgeschichte von Wingwave und EMDR
- Zielgruppen von Wingwave und EMDR
- Gemeinsamkeiten von Wingwave und EMDR
- Unterschiede zwischen Wingwave und EMDR
Anschließend kannst du besser entscheiden, was dir eher liegt, was weniger. Bzw. je nach Kontext profitierst du mehr von der Anwendung Wingwave oder mehr von EMDR. Daher machen manche auch beide Ausbildungen.
Hier geht’s zum Podcast-Audio Wingwave und EMDR
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Shownotes zu Folge 050
Zur Metaanalyse verschiedener Studien zur Wirksamkeit von EMDR bei PTBS von Thieme Verlag.
Fachartikel im Buch über Dienstleistungsmarketing mit der spannende Entwicklung und Vermarktung der Wingwave Marke von Catrina Lerch
Mehr Beiträge über EMDR findest du in der Kategorie EMDR Ausbildung.
Info zu EMDR und EMDR lernen hier.
Entstehungsgeschichte von Wingwave und EMDR
EMDR
EMDR wurde in den 80-er Jahren von der amerikanischen Psychologin Dr. Francine Shapiro entwickelt und glücklicherweise direkt in der Klinik angewendet worden. Dabei ging es zu Beginn darum, durch ein spezifisches Vorgehen im Zusammenhang mit Stimulation der beiden Gehirnhälften durch Augenbewegungen Verarbeitung von starken Belastungserlebnissen wie Gewalterfahrungen zu bewirken. Francine Shapiro entwickelte dazu einen Prozess von 8 Phasen. In Phase 2 (Ressourcenarbeit) sowie Phase 4 (Verarbeitung des Themas) sowie Phase 5 (Verankerung) und Phase 6 (Körperscan) ihres Prozesses werden mittlerweile verschiedene Arten von wechselseitiger Stimulation der beiden Gehirnhälften eingesetzt. Dazu werden verschiedene Möglichkeiten von Stimulation angeboten: visuelle, akustische oder taktile (Berührung) Stimulation. Die KlientIn wählt selbst.
Mittlerweile gib Studien über die Wirksamkeit von EMDR, so dass diese Behandlungsmethode schnell bekannt wurde. Eine Metaanalyse von verschiedenen Studien zu EMDR bei PTBS (Posttraumatischer Belastungsstörung), die im Thieme-Verlag veröffentlicht ist oben in den Shownotes verlinkt.
Mittlerweile hat man herausgefunden, dass EMDR nicht nur für das Thema posttraumatische Belastungsstörungen geeignet ist, sondern für viele weitere Themen. Hier kannst du mehr zu den Anwendungsmöglichkeiten lesen.
Wingwave
Cora Besser-Siegmund entwickelte mit ihrem Mann zusammen 2001 die Wingwave – Methode. Dabei war das 8 Phasen umfassende Vorgehen des EMDR die Basis. Der Vorläufer ihres heutigen Standardwerks „Wingwave Coaching“ hieß zunächst „EMDR im Coaching“. Sie verband die 8 Phasen des EMDR mit dem kinesiologischen Muskeltest (Myostatiktest) sowie NLP Elementen.
Auch zur Wirksamkeit von Wingwave gibt es Studien.
Wingwave nutzt eine spezielle Form der Anleitung der Augenbewegungen. Für das Selbstcoaching kann Wingwave Musik genutzt werden, also akustische Stimulation. Taktile Stimulation ebenfalls evtl. zum Verankern.
Gemeinsamkeiten von Wingwave und EMDR
In beiden Systemen werden die 8 Phasen des EMDR genutzt. Hier findest du übrigens mehr Infos zu Phase 1-2 sowie zu Phase 3-8 des EMDR. In der Ausführung gibt es allerdings Unterschiede.
Stimulation der beiden Gehirnhälften findet bei beiden Methoden statt. Auch da gibt es Unterschiede in der Ausführung.
Zielgruppen bei Wingwave und EMDR
EMDR
EMDR hat ganz klar seine Wurzeln im therapeutischen Bereich, speziell bei posttraumatischer Belastungsstörung, Ängsten, Phobien, zur Verhaltensänderung, zur Steigerung des Selbstwertgefühls u.v.m.
Wingwave
Wingwave ist von Anfang an als reine Coaching-Technik angelegt mit Schwerpunkt Business-Coaching sowie den Coachingthemen Selbstwertgefühl, Erfolgs-, Kreativitäts- und Leistungssteigerung.
Unterschiede von Wingwave und EMDR
Allein aus den unterschiedlichen Zielgruppen kann abgeleitet werden, dass das jeweilige Vorgehen andere Bedürfnisse erfüllen muss.
Meine Erfahrung mit Business-Coaching ist, dass die Klienten Systematik, Schnelligkeit und Einfachheit schätzen. Nicht lange herumreden und auch nicht zu tief in Erinnerungen graben. Gerne schnell verarbeiten ohne die inneren Prozesse nachvollziehen und verstehen zu müssen. Dafür ist die Vorgehensweise mit dem kinesiologischen Muskeltest genial. Der Coach fragt mit seiner Erfahrung zielführend die Themen ab und testet dabei. Der Klient erlebt anhand seiner Muskelreaktion: Aha, es ist das Thema Trauer, nicht Angst. Fallen ihm Erlebnisse dazu ein? Aha, das ist es nicht, das ist der Knackpunkt. Dann kommt das Winken in spezieller Choreografie. Alles so lange, bis der Muskeltest ergibt, dass das Thema gelöst ist. Eine für den Businessbereich geniale Vorgehensweise.
Francine Shapiro schreibt, dass EMDR wunderbar mit anderen Elementen und Methoden kombiniert werden kann. Je nach „Methodenkoffer“ des Therapeuten. So wird sich jeder Coach oder Therapeut die für ihn passenden Ergänzungstools zur Kombination suchen.
Im Wingwave sind als Ergänzungen direkt einbezogen: NLP-Elemente und der kinesiologische Muskeltest. Natürlich kann auch damit weiter kombiniert werden.
Statt der von Francine Shapiro auf das EMDR ausgerichteten Anamnese und Behandlungsplanung wird der Muskeltest eingesetzt um relevante Themen und Gefühle zu finden. Bei kinesiologischen Tests gibt der Begleiter mit seinen Fragen Inhalte und Richtungen vor. Das ist ein Unterschied zum freien assoziativen Gespräch.
Weitere Unterschiede zwischen Wingwave und EMDR:
EMDR ist keine geschützte Marke, da es eine therapeutische Methode ist. Für das Coaching steht EMDR ebenfalls zur Verfügung. Ohne Auflagen. Umso wichtiger ist es, mit fundierter Ausbildung und achtsamem Vorgehen dazu beizutragen, dass EMDR nicht in Verruf kommt. Hier ist aus meiner Sicht ein hohes Maß an Selbstverantwortung gefordert.
Wingwave ist eine geschützte Marke mit entsprechenden Auflagen für die Coaches.
In einem Fachbuch über Dienstleistungsmarketing wird die spannende Entwicklung und Vermarktung der Wingwave Marke analysiert. Dieses unternehmerische Vorgehen bewundere ich. Wer sich für die Details interessiert, dem sei die wissenschaftliche Arbeit von Catrina Lerch empfohlen. (Siehe oben in den Shownotes)
Zusammenfassung
EMDR und Wingwave haben einen gemeinsamen Kern.
EMDR war zu Beginn eher für achtsam-therapeutisches Vorgehen in der Klinik konzipiert. Mittlerweile hat es diesen Bereich längst verlassen und sich auch im Coaching für viele Themen als systematische Methode bewährt. Dabei hat der Klient die Kontrolle und es gibt innerhalb des systematischen Vorgehens viele Möglichkeiten des freien Fließens. EMDR ist eine therapeutische Methode und erfordert ein hohes Maß an Selbstverantwortung der Anwender.
Wingwave, das aus dem EMDR entwickelt wurde, war von Anfang an auf den Business-Kontext ausgereichtet. Es wird ebenfalls gerne für Coaching genutzt. Um den Prozess schnell und wirksam für Businesskunden zu gestalten, wurde der Muskeltest (Myostatiktest) sowie NLP-Elemente einbezogen. Wingwave ist eine Marke und um sich Wingwave-Coach nennen zu dürfen, sind markenspezifische Kriterien zu erfüllen.
Wie eingangs erwähnt gibt es kein entweder-oder sondern ein sowohl-als-auch. Je nach Zielgruppe und Coach-Typ liegt dir vielleicht eher das eine oder das andere. Oder gar beides, je nach Kontext, in dem du gerade unterwegs bist.
Wenn du EMDR näher kennenlernen möchtest: Hier erfährst du weitere Details zu Wirkfaktoren und Ablauf von EMDR sowie der EMDR Ausbildung. Ausserdem bekommst du drei direkt umsetzbare Praxistipps mit an die Hand, die dir deine Coaching-Praxis leichter machen – unabhängig von der EMDR Ausbildung. Melde dich an und – hinterher bist du schlauer 😉
Bis dahin mit kollegialen Grüßen!
Kathrin (Stamm)