019 Interview mit Martina Baehr: Effiziente Hebel gegen Burnout

Podcast Folge 019 – Interview mit Martina Baehr: Effiziente Hebel gegen Burnout.

Heute freue ich mich dir als Interviewgast in der Coaching Oase Heartify®  Martina Baehr vorzustellen. Martina Baehr ist Projektmanagerin, Trainerin und Coach. Sie unterstützt Führungskräfte, Projektleiter und Teams dabei, souveräner und gelassener mit Veränderungen umzugehen. Aufhänger für unser Gespräch ist die Burnoutstudie, die sie mit der Gesellschaft für Projektmanager aufsetzte und auswertete. Die Schlüsse daraus sind hochspannend, denn sie zeigen die Bedeutung innerer Faktoren und vor allem geben sie effiziente Hebel gegen Burnout an die Hand.

Inhalt: Effiziente Hebel gegen Burnout von Martina Baehr

Als Projektmanagerin erzählt sie von der Studie zur Burnout-Gefährdung von Projektmanagern, die sie mit Kollegen der deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) aufgesetzt und ausgewertet hat. Von ca. 1000 Befragten gaben über 65%  Furcht vor Burnout an. Über 30 Prozent waren tatsächlich in der Hochrisikogruppe.

  • Welche inneren und welche äußeren Faktoren spielen eine Rolle beim „Burnoutrisiko“?
  • Welche Hebel lassen sich daraus für den Alltag ableiten?

Es gibt sofort umsetzbare Praxistipps von Martina Baehr sowie besondere Buchtipps.

Ich lade dich herzlich in die geschlossene Facebookgruppe ein, in der wir das Thema gemeinsam vertiefen und weiter diskutieren können: https://www.facebook.com/groups/Heartify.life/

 

Die Shownotes findest du unter dem Audio.

Hier kannst du Folge 019 hören:

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Shownotes zu Folge 019:

Mehr Info zu ihren Projekten auf den Websiten von und mit Martina Baehr:

  1. http://projektmanagement-plus.de/
  2. http://gelassenheitsformel.com/
  3. Alles Wissenswerte zum nächsten Barcamp „Vertrauenskultur leben – Potenzialentfaltung im Business“ am 23./24.3.2018

Mehr zur Burnout-Studie der GPM in Zusammenarbeit mit Centrum für Disease Management (CFDM) der Technischen Universität München

Der von Kathrin erwähnte Bericht zur Burnout-Umfrage mit Ärzten und Zahnärzten aus Neuseeland  aus dem Jahr 2016 ist hier zu finden.

Die Buchtipps von Martina Baehr:

  1. Christopher Clarke: „Die Schlafwandler – Wie Europa in den ersten Weltkrieg zog.“ Pantheon Verlag
  2. Sabine Pamperrien: „Helmut Schmid und der Scheißkrieg – Die Biografie 1918 – 1945“, Piper Verlag
  3. Rick Hanson: „Denken wie ein Budda – Gelassenheit und innere Stärke durch Achtsamkeit“, Irisana Verlag

Ich lade dich herzlich in die geschlossene Facebookgruppe ein, in der wir das Thema gemeinsam vertiefen und weiter diskutieren können: https://www.facebook.com/groups/Heartify.life/

Melde dich kostenfrei ein für den Mini Emailkurs zum 4 Heartify® Schritte Arbeitsblatt zur praktischen Übung und Umsetzung. Die 4 Schritte sind besonders gut geeignet um deine Selbstwahrnehmung und dein Selbst-Bewusstsein zu schärfen. Eine Voraussetzung um frühzeitig zu erkennen, worauf du zusteuerst, ob es etwas zu verändern gibt und auch was.

Das Wichtigste aus dem Interview mit Martina Baehr

Innerhalb der deutschen Gesellschaft für Projektmanagement e.V. (GPM) gibt es das Netzwerk PM-Experinnen. In einer vorangegangenen Genderstudie ging es u.a. darum, was der größte Vorteil und der größte Nachteil ist, den Projektmanager empfinden. Fast 90% erlebten als größten Vorteil neue Aufgaben und neue Herausforderungen.  Als größter Nachteil gaben fast 70% die Angst vor Burnout an. Das war der Initiator für die Burnout-Studie, die 5 GPM-Expertinnen zusammen mit dem Institut Centrum für Disease Management (CFDM) der Technischen Universität München durchführten. Dieses Institut hat die Statistiken ausgewertet und in Bezug zu anderen Studien gesetzt, z. B. zum sozialen und Gesundheits-Bereich. Die Befragung fand eine überraschend große Resonanz innerhalb der GPM. Fast 1000 Projektmanager beteiligten sich 2014 an dieser Studie.

Burnout ist keine Krankheit, sondern kann in eine Krankheit wie eine Depression z. B. münden. Die Befragten wurden in der Studie kategorisiert in Bezug das Risiko, einen Burnout zu bekommen. Es wurden drei Dimensionen abgefragt:

  1. Effektivität der Leistung
  2. Zynismus (Distanzierung von Menschen, Verlust emotionaler Kontakt)
  3. Emotionale Erschöpfung Gefühl von Energieverlust bis hin zu „ausgelaugt sein“

Je stärker diese Dimensionen ausgeprägt sind, desto größer ist die Burnout-Gefährdung.

Die Burnout-Gefährdung wurde dann in Beziehung gesetzt zu äußeren und inneren Faktoren.

Beispiel für äußere Faktoren sind z. B. häufige Unterbrechungen oder keine Unterstützung durch den Vorgesetzten.

Beispiel für innere Faktoren sind z. B. hohe Ansprüche an sich selbst, Perfektionismus, schlechte Fähigkeit zu deligieren.

Dabei stellte sich heraus, dass es eine sehr hohe Korrelation gibt zwischen „Ich habe hohe Ansprüche an mich selbst“ und der höchsten Risikogruppe für Burnout-Gefährdung. 37% alle Befragten waren in der Hochrisikogruppe, einen Burnout zu bekommen. Das ist vergleichbar mit Studien aus dem Gesundheits- und sozialen Bereich. Es hat vielleicht auch damit etwas zu tun, dass Projektarbeit Arbeit mit Teams und mit Menschen.

In der Studie hatten

  • 87% aller Befragten einen sehr hohen Leistungsanspruch an sich selbst. Das ist spezifisch für Projektmanager, weil sie sehr engagiert sind.
  • 79%  gesagt, sie sind perfektionistisch.
  • 81,4% angegeben, hohe Erwartungen an sich selbst zu haben.

Auf den „mittleren“ Plätzen folgten dann:

  • Es fällt mir schwer abzuschalten (58%),
  • Es fällt mir schwer mich von anderen abzugrenzen (56%)

Schauen wir auf die Verbindung von inneren und äußeren Faktoren anhand des Beispiels „zu viele Unterbrechungen“ (80% erlebten das als Belastung). Interessanterweise liegen in den verschiedenen Studien die Zahlen zum Thema Belastung durch zu viele Unterbrechungen immer um die 80%. Das zieht sich wie ein roter Faden durch alle Burnout-Studien durch. Das hat mit der Art und Weise zu tun, wie unsere verdichtete Arbeit heute gestaltet ist und mit den vielen Störquellen durch die Digitalisierung. Dafür müsste ich eine Neubewertung meiner Arbeitswelt vornehmen: was ist wichtig und was nicht. Damit bin ich wieder bei meinem Thema Mindset.

Den Umgang mit dem Thema Unterbrechungen im Arbeitsalltag kann man schon zum Teil selbst bestimmen. Man hat vielleicht Angst Anerkennung zu verlieren oder schlecht bewertet zu werden. Das ist so in unseren Köpfen drin. Wir werden belohnt für unsere Arbeit durch unseren Vorgesetzten. Da der jedoch gar nicht wissen kann, was du gerade machst. Wenn du ihn fragst: „Wie wichtig ist das jetzt? Ich habe gerade dies und das hier zu erledigen“, kann er mit gesundem Menschenverstand reagieren. Diese Frage stellen wir jedoch oft gar nicht.

 „Wir verfallen in das automatische Programm, in diesen Aktionismus und fangen einfach an irgendetwas zu tun. Das ist eine Bewusstseinsfrage: bin ich mir dessen bewusst, was da mit mir gerade passiert. Das ist der erste Schritt. Aus diesem automatischen Verhalten auszusteigen und etwas anders zu machen ist der zweite Schritt.“ Martina Baehr

Praxistipp von Martina Baehr:

Wenn viel auf dich einstürmt beobachte dich selbst, ob du in den automatischen Aktionismus verfallen würdest. Halte inne und priorisiere, was du wann tun möchtest. Und kommuniziere das klar nach außen.

„Das erfordert auch Selbstbewusstsein: Ich bin jemand, der Qualität leisten möchte. Und ich bin es mir wert, mich auch dafür einzusetzen.“ Kathrin Stamm

Martina Baehr: Es geht auch um die Sichtweise: Vermeintlich tue ich etwas für andere, wenn ich schnell reagiere. Aber im Prinzip ist das ja nicht so. (…) Ich brauche meine Kraft, um etwas für andere tun zu können. Wenn ich die völlig verausgabe in diesen Situationen, dann habe ich sie nicht mehr. Für mich hat Burnout viel mit diesen Automatismen zu tun. Um das Drama herauszunehmen: es ist eigentlich nur die falsche Lösung. Ich muss eigentlich nur die richtige Lösung tun. D.h. erst einmal gucken: Was brauche ich? wie geht es mir gut? Dann kann ich einem anderen auch helfen und dann kann ich meine Aufgaben erledigen. Aber ich brauche immer ein gewisses Energiereservoir, das ich selber habe. Wenn das verlorengeht, kommt diese dritte Dimension, die emotionale Erschöpfung. Und dann komme ich in Burnout und kann weder was für mich tun und ich kann auch nichts mehr für andere tun.

Kathrin Stamm: Das setzt eine Beobachtung von sich selbst von einer Metaebene voraus. Sonst kann ich in diese Wahrnehmung gar nicht kommen. Sonst bin ich Opfer der Gefühle, die einfach „passieren“ durch die äußeren Umstände. (…) Dann denke ich hinterher: Mist, wie bekomme ich das verändert. Wenn ich in die Beobachtung gehe und gucke, mit welchen Dingen hängt es zusammen, dass das passiert. Und wie kann ich dann, wenn ich merke dass das kommt, anders reagieren? Diese feine Beobachtung, die man da braucht, hatte ich persönlich selbst früher nicht. Deshalb bin ich früher nicht in einen Burnout, sondern in eine schwere Erkrankung hineingerasselt. Da ist ja die gleiche Ursache wie beim Burnout.  Stress, Ermüdung, Erschöpfung und Belastung schlug sich bei mir auf das Immunsystem. Wir gucken jetzt hier so auf das Burnout. Aber diese Mechanismen können sich auch anders auswirken.

Martina Baehr: Ich hatte früher dieses Bewusstsein auch nicht. Ich glaube, das ist der Switch, den wir gerade machen. Dass wir uns das Bewusstsein aneignen und auch brauchen. Weil jeder reagiert in stressigen Situationen anders. Der eine beutet sich selber aus und kommt in Burnout. Ein anderer übt Druck auf seine Mannschaft aus. Das ist im Prinzip auch nur eine Stressreaktion, ein automatisches Programm, das in demjenigen vielleicht abläuft. Ich glaube, dass das das Thema schlechthin ist, wenn wir das nächste Level erreichen wollen sowohl in der Gesellschaft als auch in der Wirtschaft. Dann müssen wir uns dieses Selbstbewusstsein aneignen und die Lösungen verändern. Aus diesen Automatismen herauskommen. Vgl. das Buch „Die Schlafwandler“ des Historikers über den ersten Weltkrieg (siehe Shownotes). Er beschreibt darin, wie die Leute in dem Modus waren, immer automatisch auf etwas zu reagieren und so ist dann der erste Weltkrieg entstanden. So ist das jetzt auch. Wir sind wie so Schlafwandler und schlafen und reagieren automatisch auf diese ganzen Dinge. Wir müssen aus unseren Programmen aussteigen. Zumindest aus denen, die uns nichts Gutes bringen. Es gibt ja auch Programme, die sinnvoll sind. Das ist für mich das Grundthema überhaupt für den Wandel.

Kathrin Stamm: Also nicht nur um persönlich Burnout zu vermeiden, sondern damit wir ein anderes Miteinander erreichen, auch im Berufsleben. Damit in Firmen anders gearbeitet werden kann. Dieses Bewusstsein dehnt sich dann aus. Nicht nur auf das Miteinander, sondern auch auf das, was man mit seiner Arbeit in der Firma bewirkt für andere. Bis hin zum Konsumverhalten. Da fängt das Thema Nachhaltigkeit an usw. Vielleicht haben viele noch Angst vor diesen Veränderungen, weil man noch nicht weiß: wie wird es denn dann. Das was wir jetzt haben, auch in der Gesellschaft, das kennen wir. Eine Gesellschaft in der Menschen mehr Bewusstsein haben über sich und über das, was sie tun, die bewusste Entscheidungen treffen – da wird sich mit Sicherheit eine Menge verändern.

Allerwichtigster Praxistipp für Menschen, die Angst vor Burnout haben

Martina Baehr: Wir haben Überzeugungen, z. B. die dass Veränderung schwierig ist. Durch diese Überzeugung richten wir unsere Aufmerksamkeit und unsere Wahrnehmung immer auf die Dinge, die schwierig sind. Z. B. in einem Projekt: da sind Widerstände, Bereichsleiter X will nicht mitmachen und arbeitet vielleicht gegen uns, kein Budget mehr usw. Unsere ganze Aufmerksamkeit liegt dann darin, sich auf diese Schwierigkeiten zu konzentrieren. Unsere bewusste Aufmerksamkeit ist ja eingeschränkt. Unbewusst zu bewusst liegt ja ungefähr im Verhältnis 0,2% zu 100. Richten wir also unsere bewusste Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten, dann ist auch die unbewusste Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten automatisch mit gerichtet. Wir haben dann gar keinen Platz mehr um darauf zu gucken, was funktioniert.

„Der Tipp ist hier: aussteigen und gucken auf die Sachen, die gut laufen!“ Martina Baehr

Es kann ja nicht sein, dass den ganzen Tag nur Sachen passieren, die nicht funktionieren. Sondern es gibt viele Dinge die funktionieren. Die entziehen sich aber dann unserer Aufmerksamkeit.

Wir haben einmal den mentalen Prozess: Ich denke etwas. Z. B. es ist schwierig oder auch nicht. Und diesen emotionalen Prozess. Die sind miteinander gekoppelt. Wenn ich denke, es ist schwierig, habe ich gleichzeitig ein unangenehmes Gefühl. Ich kann  nicht denken, es ist schwierig und fühle mich supertoll. Das kann nicht sein. Die Kopplung miteinander ist auch das, was uns die Energie entzieht. Wenn wir in Schwierigkeiten sind triggern uns die unangenehmen Gefühle an, uns aus dieser Gefahrenzone zu bringen. Die sind uns auch bewusst und prägen sich unserem Gedächtnis ein. Mit den positiven Dingen passiert das nicht einfach so automatisch.

„Wir müssen die positiven Sachen und die damit verbundenen positiven Gefühle wirklich fühlen. Nicht nur denken, mir geht’s gerade gut, sondern wirklich fühlen, dass es mir gerade gut geht. Und das für mindestens 30 Sekunden, damit es sich im emotionalen Gedächtnis abspeichert. Wir müssen auf diese Weise positive Gewohnheiten schaffen.“ Martina Baehr

Wenn du drei Mal am Tag einfach stoppst und guckst, wie es dir gerade geht. Wenn es dir gut geht, weil irgendetwas gerade schön ist, dann einfach innezuhalten und dieses Gefühl auch wirklich wahrzunehmen und die Situation damit in dir und deinem Gedächtnis zu verankern.

Das würde ich empfehlen um aus der problemorientierten Wahrnehmung herauszukommen. Denn da stecken wir total fest.

Kathrin Stamm: Wenn wir denken, dass etwas nicht funktionieren könnte… Ich würde ja nicht auf die Idee kommen, wenn ich sie nicht bereits im Kopf hätte. Wenn ich das wahrnehme, dann ist sie im unbewussten ja viel größer. Wenn ich mir das jetzt gerade klar mache bedeutet das für mich viel viel mehr Achtsamkeit auf meine eigenen Gedanken. (…)

Martina Baehr: Ja, deine Wahrnehmung verändert sich. Du siehst dann nicht mehr nur die Schwierigkeiten, sondern auch die Chancen und Möglichkeiten viel mehr. Und das erweitert sich. Je mehr du das machst und je öfter, desto mehr kommst du in den anderen Modus. Dann kannst du es wahrnehmen und benutzen. Wenn du es nicht wahrnimmst ist es eine Chance, die liegt neben dir auf dem Tisch und du siehst sie einfach nicht.

(…)

Je bewusster wir leben, desto mehr bekommen wir mit. Je mehr wir im (automatischen) „Schlafwandlermodus“ sind, umso weniger bekommen wir mit und können das gar nicht beeinflussen oder darauf eingehen.

Für den kostenlosen 5-tägigen Audiokurs „Entschärfen Sie ihre größten Mindset-Blockaden für entspannte und erfolgreiche Projektarbeit“ von Martina Baehr gehe zu ihrer Seite http://projektmanagement-plus.de/ und trage dich dort ein. Du bekommst wertvolle alltagstaugliche Tipps auch wenn du kein Projektmanager bist.

Herzlichen Dank, Martina Baehr, für das bereichernde Interview!

Im nächsten Interview verrät Claudia Henrichs aus der Zusammenarbeit mit ambulanten Pflegekräften, Führungskräften und Geschäftsführern, was in Unternehmen anders läuft, in denen die Mitarbeiter zufrieden sind und trotz großer Herausforderungen mit Freude arbeiten.

Bis dahin eine gute Woche mit Wahrnehmung vieler positiver Dinge und angenehmen Gefühlen 😉

Kathrin (Stamm)

About the Author

Mach es DIR leichter anderen zu helfen! Mit diesem Motto hat Kathrin Stamm viele hilfreiche Tipps und Tricks auf Lager, wie du als Coach und Berater mehr Leichtigkeit in dein Leben und das deiner Klienten bringst. Hol dir die Praxistipps direkt aufs Ohr mit ihrem Podcast https://heartify.life/podcast-coachingoase

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